Der Untere Teich zwischen Haarmannplatz und Ernst-August-Straße
Um das neue Schulgebäude weitgehend vor Hochwassergefahr zu sichern, wurde nach Abbruch der Unterhütte der Bauplatz beträchtlich aufgeschüttet. Hohe Ufermauern fassten seit 1905 den Bachlauf ein. Zugleich wurde damals das Wehr verbreitert: es sollte nunmehr bis zu 45 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durchlassen können. Auch die Treppe dürfte damals gebaut worden sein. Die Nutzung des Gewässers wandelte sich: statt der Wasserkraft standen nunmehr Erholung und Freizeit der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund des Interesses. Als Viehtränke oder für das Waschen und Bleichen wurde das Wasser der Holzminde nicht mehr benötigt. So wurde 1903 „der Wäschesteg im unteren Teich“ beseitigt. Wo genau dieser „Wäscheplatz“ lag, ist leider auf keinem Plan verzeichnet.
Wir steigen die Treppe hinauf und blicken nun auf den Wasserspiegel des Unteren Teiches. Auf einer kleinen Brücke überqueren wir direkt am Wehr die Holzminde und gehen auf dem Teichdamm nach Norden. Zuvor verdeutlicht ein kurzer Blick auf die Fläche zwischen Mensa und Hauptgebäude der HAWK nochmals den Höhenunterschied!
Am Nordrand der Teiche zog sich im 19. Jahrhundert ein Verbindungsweg von Holzminden nach Altendorf entlang. Er verlief auf staatlichem Gelände der Herzoglichen Kammer und fiel in die Zuständigkeit der „Direktion der Bergwerke“ – eine Reminiszenz an die frühere Eisenhütte. 1878 wurde er bereits als „Promenadenweg“ bezeichnet. Dies ist der bislang älteste Hinweis darauf, dass die Holzmindener Bürgerinnen und Bürger den Weg nicht nur für ein eiliges Vorankommen in Angelegenheiten des Alltags nutzten, sondern sich offenbar auch Zeit nahmen für den einen oder anderen Spaziergang an den direkt vor ihrer Stadt gelegenen Wasserflächen. Am 2. Juli 1878 wurde der notarielle Vertrag unterzeichnet, mit welchem dieser Weg „nebst verschiedenen daran stoßenden Terrainabschnitten“ in das Eigentum der Stadt überging. Es war dies der erste Schritt zur Entstehung der Holzmindener Teichanlagen.
Beträchtlichen Veränderungen unterlag in den letzten 120 Jahren der Bereich zwischen dieser „Promenade“ und der Böntalstraße. Erinnern wir uns an das eingangs gezeigte Bild, welches an der Südseite der Straße dichte Bebauung zeigte. Diese in Nutzung der Baugewerkschule befindlichen Gebäude gehörten ursprünglich ebenfalls zur Herzoglichen Kammer, welche sie für Schulzwecke zur Verfügung gestellt hatte. Als die Stadt Holzminden 1896 die Schule übernahm, wurden ihr sämtliche Baulichkeiten seitens des Staates kostenfrei zu Eigentum überlassen. Nach Fertigstellung des neuen Schulgebäudes waren diese Altbauten entbehrlich – sie wurden abgerissen.
1905 waren die Gebäude an der Böntalstraße bereits entfernt; auf einem Lageplan wurde die Fläche damals als „städtischer Bauplatz“ bezeichnet. Man entschied sich jedoch anders: Der Bereich wurde freigehalten und zu einer Parkanlage umgestaltet. Leider sind dazu keinerlei Akten aufzufinden. Lediglich Fotografien und skizzenhafte Lagepläne bezeugen heute noch das Aussehen dieser Anlage.
Die nebenstehende Ansichtskarte aus dem Verlag Adolf Feldheim Ww. zeigt den Blick zur Villa Dr. Niemann, an deren Stelle heute ein Bankgebäude steht.
Auf einem der 1878 seitens der Stadt erworbenen „Terrainabschnitte“ an dem Verbindungsweg nördlich der Teiche wurde dieser Springbrunnen gebaut. Er gehörte somit zu den ältesten Inventarstücken der Teichanlagen. Wiederholt musste die Zeitung 1898 und 1899 berichten, dass die Brunnenfigur „frevelhafterweise beschädigt worden“ sei. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde der Brunnen dann aufgegeben.
Nebenstehende Fotografie zeigt die „Fontaine“ mit dem neuen Gebäude der Baugewerkschule im Hintergrund.
Beträchtliche Eingriffe in den Bestand der Anlagen nördlich des Teiches erfolgten 1934/35. Im Rahmen von Notstandsarbeiten wurden die Ufer durch eine steinerne Mauer eingefasst. Zugleich wurde der Teich entschlammt. Im nordöstlichen Bereich des Teiches wurde die neue Mauer weit in die Wasserfläche vorgeschoben; der ehemalige Teichboden dahinter wurde mit dem Aushub des Teiches aufgeschüttet. Zugleich wurden auf der Fläche zur Böntalstraße Umgestaltungen vorgenommen. Beispielsweise sollte ein neues Planschbecken für Kinder den Aufenthalt hier familienfreundlich gestalten.
Im Vorbeigehen werfen wir einen Blick auf eines der bebauten Grundstücke zwischen Teich und Böntalstraße. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden nördlich des Unteren sowie auch des Mittleren Teiches einige repräsentative Wohngebäude auf großzügig bemessenen Grundstücken, erworben von Mitgliedern der Familie(n) Haarmann aus dem staatlichen Gelände der Eisenhütte bzw. der Steinschleifmühlen. Erhalten geblieben ist hier – wenngleich baulich stark verändert – das Wohnhaus des zweiten Leiters der Baugewerkschule, Gustav Haarmann. Es wurde in der zweiten Hälfte der 1930er-Jahre zum Offizierskasino der Holzmindener Garnison ausgebaut und dabei stark erweitert und überformt. Hinsichtlich der Fassadengestaltung ursprünglich zum Teich hin orientiert, ist es (nach weiteren Baumaßnahmen vor wenigen Jahren) heute ganz auf die Böntalstraße ausgerichtet.
Abbildungen links: Die zum Teich ausgerichtete Fassade des Hauses, um 1868. Darunter das Haus nach dem Umbau zum Kasino. (Stadtarchiv Holzminden, HOL-Slg 511 – 026 sowie S.1 PAL 00027)